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22 Stettiner auf den Spuren der Stadtgeschichte im Evangelischen Zentralarchiv
Am 16. November besuchte eine Gruppe von 22 Stettiner Bürgern das Evangelische Zentralarchiv und informierte sich über den Bestand an Stettiner Kirchenbüchern.
Zum Auftakt der Veranstaltung erläuterte Herr Jerzy Grzelak vom Museum für Stettiner Stadtgeschichte, dass das Interesse an der Geschichte der Stadt vor 1945 immer mehr zunähme, aber sehr viele historische Quellen während des Krieges vernichtet worden seien. Kirchenbücher seien eine der wenigen erhaltenen Quellen für die Forschung.
Im Zentrum des Besuchs stand der Vortrag von Frau Christiane Hinz, Mitarbeiterin der Kirchenbuchstelle im EZA. Sie informierte die Besucher über die Kirchenbuchbestände des EZA und ging dann speziell auf die ca. 400 vorhandenen Stettiner Kirchenbücher ein, die eine einzigartige (fast geschlossene) Sammlung darstellen. Diese Bücher waren kurz vor Kriegsende per Schiff nach Hamburg transportiert und dort zunächst im Landeskirchlichen Archiv untergebracht worden. Als in Berlin die räumlichen Voraussetzungen dafür geschaffen waren, wurden sie 1965 der Ostdeutschen Kirchenbuchstelle in Berlin übergeben und gelangten 1979 ins Evangelische Zentralarchiv.
Das älteste im EZA vorhandene Stettiner Kirchenbuch ist das Taufbuch der evangelischen Kirchengemeinde St. Gertrud. Es enthält Taufen der Jahrgänge 1603 bis 1722. Die Eintragungen in den meisten Stettiner Kirchenbüchern enden im Frühjahr 1945. Für sozioökonomische Studien stellen die Tauf-, Trau- und Bestattungsregister eine aussagekräftige Quelle dar, da sie einen Querschnitt durch die Gesellschaft ermöglichen. Anhand der in den Trau- und Bestattungsbüchern eingetragenen Berufe lässt sich z.B. der Wandel der Berufsstrukturen in Stettin nachvollziehen, Bestattungsbücher geben Auskunft über Todesarten und Krankheitsverbreitung.
Beim Gang durch das Kirchenbuch-Magazin entdeckte die Leiterin des Museums für Stettiner Stadtgeschichte im Nationalmuseum, Frau Dr. Bogdana Kozińska, im Bestattungsbuch der Stettiner Kreuzkirche den Sterbeeintrag für einen Ihrer Vorgänger im Dezember 1944. Dieser Eintrag war von großem Interesse, da das Sterbedatum bislang nicht genau bekannt gewesen war.
Am Schluss des Besuchs stand ein Gang durch den Benutzersaal des Kirchlichen Archivzentrums, bei dem Herr Dr. Pahl die Bemühungen um die Digitalisierung der Kirchenbücher und das im Entstehen begriffene Kirchenbuchportal erläuterte. Das Kirchenbuchportal soll im Sommer 2014 in einer Testversion im Internet freigeschaltet werden.
Die Stettiner Gruppe verabschiedete sich mit einer Gegeneinladung nach Stettin und der Ankündigung, als Kirchenbuch-Forscher wiederzukommen.
Henning Pahl/Christiane Hinz
Bildunterschriften:
1) Jerzy Grzelak (Muzeum Narodowe w Szczecinie/Oddział Muzeum Historii Szczecina) beim Vortrag
2) Christiane Hinz (EZA) beim Vortrag
3) Gruppenbild vor dem Eingang der Kirchlichen Archivzentrums
Nachsatz:
Die Hauptaufgabe der Kirchenbuchstelle besteht darin, anhand der vorhandenen Originalkirchenbücher Ersatzurkunden für durch Kriegsereignisse verloren gegangene Personenstandsurkunden auszustellen, die in der Regel für Erbschaftsangelegenheiten oder zur Anerkennung der Staatsbürgerschaft benötigt werden. Aber auch für private Familienforscher und die wissenschaftliche Forschung stellen die Kirchenbuchbestände eine häufig nachgefragte Quelle dar. Vgl. auch die Rubrik "Kirchenbuchstelle" auf dieser Homepage.